200.000 Bienen summen auf den Elbwiesen

In diesem Sommer finden Bienenvölker ein kurzfristiges zu Hause am Elbufer. Einen Einblick in ihr Leben gibt jedes Wochenende die Bienenkunde des Palais Sommers.

Imkerin Uta Tomczak beantwortet den Gästen sämtliche Fragen rund um Bienen.
Imkerin Uta Tomczak beantwortet den Besuchern sämtliche Fragen zum Thema Bienen. © Denise Nestler

von Denise Nestler

Dass Bienen unentbehrlich für das Leben auf der Erde sind, dürfte vielen bekannt sein. Doch was zeichnet die Insekten eigentlich aus, welche Aufgabe hat ein Imker und welche Projekte gibt es in Dresden, die sich für den Schutz und die Vermehrung der Bienen einsetzen? Sämtliche Fragen zum Thema beantworten motivierte Imker jeden Samstag und Sonntag beim Palais Sommer. Denn dort findet am Nachmittag die Bienenkunde statt.

Ich halte einen Sicherheitsabstand von ungefähr drei Metern zu den Bienenstöcken, die vor mir stehen. Nele, Organisatorin der Bienenkunde, versicherte mir, dass Bienen nur bei Gefahr stechen. Trotzdem habe ich Respekt. Diese Nervosität legt sich, als Imkerin Uta Tomczak die Besucher zur Bienenkunde begrüßt und beginnt, den vorbereiteten Smoker zu entzünden. Ein stechender Rauchgeruch breitet sich aus und einer der Bienenstöcke wird vom Rauch umhüllt. "Der Rauch beruhigt die Bienen, sie sammeln jetzt viel Honig in ihrem Bauch an und werden ganz schläfrig." Während Uta den Bienenstock öffnet, stelle ich erstaunt fest, wie viel Besucher sich mittlerweile um die Bienenstöcke versammelt haben. Schätzungsweise 50 interessierte Gesichter sehen Uta zu und lauschen gespannt.

Uta Tomczak ist Mitglied im Imkerverein Dresden und vertritt am Sonntag das bienenkollektiv e.G., welches sonst die Informationsstunde leitet. Die drei Imker Hilke, André und Sebastian schließen sich 2020 zu einer Genossenschaft, dem bienenkollektiv e.G., zusammen. Das bienenkollektiv möchte die Kräfte der Mitglieder vereinen und sie nutzen, um sich gegenseitig voranzubringen. Das verrät mir Sebastian am Telefon. Die gebündelten Kräfte setzen die Mitglieder nun dafür ein, Interessierten alles zum Thema biologische Vielfalt und deren Wichtigkeit näher zu bringen. Eine Möglichkeit dafür bietet die Bienenkunde am Elbufer. Der Kontakt zwischen Jörg Polenz, dem Initiator des Palais Sommers ergab sich, da dieses Jahr das Elbufer mit genutzt wird. So kann der Mindestabstand der Besucher eingehalten werden, ohne zu viele Abstriche machen zu müssen. "Da stellte sich die Frage nach interessanten Attraktionen, die dort stattfinden können. Das Ganze war sehr kurzfristig, aber die Genehmigung der Stadt kam sehr schnell. So hat sich das ergeben."

Der Himmel verdunkelt sich, große Regenwolken ziehen auf und der Wind wird stärker. "Das ist nicht das beste Wetter für die Bienen", sagt Uta mit Blick zum bewölkten Himmel über uns. "Aber wir lassen uns davon jetzt nicht ablenken." Uta hebt einen Rahmen aus dem Bienenstock, auf dem es von den Insekten nur so wimmelt, und geht damit an den Besuchern vorbei. Dabei erklärt sie, wie ein Bienenstock aufgebaut ist. Es gibt Arbeiterinnen, Drohnen, sogar Wächterbienen und Putzbienen. Und natürlich die Bienenkönigin. Jede Biene hat eine Funktion und alle arbeiten fleißig dafür, dass das Volk fortbesteht. Zu einem Volk gehören übrigens 30 bis 50.000 Bienen. Die Zuhörer sehen sich die Insekten voller Neugier an und stellen eine Frage nach der anderen.

Das hat auch Sebastian an den vier Terminen, an denen er die Bienenkunde leitete, festgestellt: "Es ist ein sehr interessantes Cliente an Menschen bei der Bienenkunde. Das merkt man an der Menge und Art der Fragestellungen. Es gibt ein großes Interesse am Thema."

Uta zeigt eine Bienenwabe, die zum Großteil schon mit Honig gefüllt ist.
Uta zeigt eine Bienenwabe, die zum Großteil schon mit Honig gefüllt ist. © Denise Nestler

Bienen finden in der Stadt kaum noch Behausungen. Durch moderne Gebäude und Straßen sind viele Ecken und Nischen versiegelt, die Bienen normalerweise bewohnen. Uta ist es deshalb wichtig, die Menschen darüber zu informieren und mit Vorturteilen über Bienen aufzuräumen. Sie fängt damit schon bei den Jüngsten an. Am Romain Rolland Gymnasium pflegt sie zwei Bienenstöcke. Dort erklärt sie Kindern ab der sechsten Klasse alles Wichtige zur Thematik.

Es ist ganz leise bei der Bienenkunde. Nur die Fragen und Utas Antworten höre ich. Sogar die Kinder hören ruhig und gespannt zu. Gemeinsam mit Eltern und Geschwistern spitzen sie ihre kleinen Ohren, wenn Uta auf ihre Fragen antwortet. Auch Katharina ist der Austausch mit den Kindern wichtig. Sie und ihre Familie sind Besucher bei der Bienenkunde. "Ich finde, die Kinder lernen viel zu wenig in der Schule zu diesem Thema." Sie nutzt die Bienenkunde, damit Experten ihren Kindern die Wichtigkeit der Insekten näherbringen können.

Das Standortproblem möchte das bienenkollektiv in Zusammenarbeit mit bee-rent.de angehen. Mit der Bienenbox können die Insekten gemietet werden. Gegen eine monatliche Gebühr kümmert sich das bienenkollektiv um die Aufstellung, die Anmeldung beim Veterinäramt und die Betreuung der Bienen. Sie prüfen zuvor, wie die Bienen am gewünschten Standort platziert werden können. Der Mieter bekommt den Honig, der den Bienen abgenommen werden kann. Das ist stets nur so viel, dass die Bienen noch genügend über den Winter zur Verfügung haben. Wer interessiert ist, zu Hause aber keinen Platz hat, der kann auch eine Patenschaft übernehmen. Pro Bienenstock können bis zu zehn Patenschaften vergeben werden. Jedem Paten steht dann ein Zehntel des verfügbaren Honigs zu. Besonders Unternehmen, die auf ihrem Firmengelände Bienen eine Behausung geben wollen, können sich beim bienenkollektiv oder bee-rent.de melden. Auch Privatpersonen können von diesem Angebot Gebrauch machen.

Uta spricht nicht nur zu allen Besuchern zugleich, sie nimmt sich auch Zeit, ausführlich auf Einzelfragen zu antworten. Es bilden sich kleine Gruppen. Manche hören der Imkerin zu, andere unterhalten sich mit Gleichgesinnten. Die Bienenkunde ist weniger ein Vortrag, als Austausch verschiedener Interessengruppen. "Ich finde es einfach sehr interessant. Ich habe einen Garten und überlege, ob ich dort einen Bienenstock aufbauen kann. Da ist es doch super, dass ich hier direkt Ansprechpartner aus dem Imkerverein habe", sagt mir Josh, der Uta viele Fragen zum Imkern und der Bienenpflege stellt. Das sieht auch seine Begleitung Caro so. "Die Location hier am Elbufer und beim Palais Sommer ist auch toll. So trifft man sich mit Freunden und kann sich gleichzeitig noch zum Thema informieren." Wichtig beim privaten Imkern ist es allerdings, einen Kurs zu belegen und sich ausreichend zu informieren. Das legt Uta Tomczak allen Interessierten ans Herz. "Es sind Lebewesen, für deren Umgang man genügend Respekt und Wissen mitbringen sollte."

Wer ohne Bienenstock auf dem Grundstück etwas für die Insekten tun möchte, der kann bienenfreundliche Pflanzen auf dem Balkon oder im Garten platzieren. Dazu zählen zum Beispiel Rosen, Gartenmalven, Salbeipflanzen, kleine Astern, Rosmarin, Mohn, Glockenblumen oder Löwenzahn. Das empfiehlt Uta Tomczak. So kann auch den Wildbienen geholfen werden, welche vor allem Gräser und Obstbäume bestäuben. "Ohne Bienen würden wir nicht mehr lange leben. Wir hätten nicht mehr genügend Lebensmittel, weil nichts mehr bestäubt werden würde. Das würde auch Futtermangel für Nutztiere bedeuten. Unsere Lebensmittelversorgung würde nicht mehr funktionieren", hält Sebastian fest. Vor allem durch die Monokulturen in unserer Landwirtschaft und die fehlenden Blühstreifen finden die Bienen nicht mehr ausreichend Nahrung. Wichtig ist dabei auch die Abwechslung, immer wieder die Pollen der gleichen Blüte zu sammeln, schwächt die Insekten auf Dauer. "Im Prinzip ganz logisch. Wir möchten und können ja auch nicht jeden Tag dasselbe essen", meint Uta.

Als der Himmel durch die Regenwolken immer dunkler wird, bedanken sich die Besucher sehr angetan bei Uta. Nervös bin ich mittlerweile gar nicht mehr. Wenn ich die Bienen anschaue, sehe ich nur noch die unglaubliche Arbeit, die sie leisten und die schwere Verantwortung, die auf ihren kleinen Flügeln liegt.

Wer sich für die fleißigen Insekten interessiert, der kann noch bis einschließlich 23. August jeden Samstag und Sonntag um 15 Uhr die Bienenkunde besuchen.

Imkerin Uta Tomczak bei den Palais.Bienen
Imkerin Uta Tomczak bei den Palais.Bienen © Denise Nestler