Musik liegt nicht in der Luft

Am 21. November ist internationaler "No Music Day". Ein Tag ohne Musik. Aber kann man den wirklich feiern?

Von Tom Vörös
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Fluch oder Segen? Jeder kann einen Tag lang ausprobieren ob ein Leben ohne Musik sinnlos ist. © karlyukav / freepik

Die ganze Welt ist Musik. Vor allem in „normaleren“ Zeiten. Denn im Alltag, so wie wir ihn bis Mitte März gekannt haben, schlitterte jeder spätestens beim Einkaufsbummel hinein in diverse Refrains süßlicher Bauart. Fremdbestimmte Beschallung kann man zwar kompensieren, mit den heimischen Boxen oder mit purer Stille. Doch wie ist es, wenn man sich einen Tag komplett herausnimmt aus dem Reich der Töne?

Am 21. November wird der internationale "No Music Day" gefeiert. Wer nun aber glaubt, dass dieser Tag als feindseliger Anti-Musik-Tag zelebriert wird, dürfte überrascht sein.

"Verrückte" Erfinder

Erfunden hat den "No Music Day" der britische Konzeptkünstler und Musiker Bill Drummond im Jahr 2005. Gereifte Musikhörer kennen den in Südafrika geborenen Briten vor allem durch seine Band The KLF, die in den späten 1980ern und frühen 1990ern mehrere Hits in Großbritannien und auch bei uns feiern konnte.

Die von einem britischen Journalisten als "Agenten des Chaos" bezeichnete Band war immer für eine Sensation zu haben. So nahmen die Musiker 1994 den Dokumentarfilm "Watch The K Foundation Burn a Million Quid" auf, und verbrannten darin eine Million Britische Pfund in 50-Pfund-Noten vor laufender Kamera in einem Ofen auf der schottischen Insel Jura. Und 2017 - 23 Jahre nach der Geldverbrennungsaktion - kamen sie, wie angekündigt, zurück, fuhren fuhren mit einem Eiswagen durch Liverpool und stempelten in einem Buchladen Exemplare ihres neuen Buches "2023: A Trilogy by the Justified Ancients of Mu Mu" ab.

Ein tonfreier Tag mit Sinn

Aber worum geht es eigentlich beim internationalen Tag ohne Musik? Vor allem darum, der Kunstform Musik durch den ausgerufenen Verzicht den ihr angemessen Platz im öffentlichen Bewusstsein zurückzugeben. Denn laut des Erfinders Drummond sei unser Alltag inzwischen akustisch so zugemüllt, dass ein Innehalten bzw. musikalisches Schweigen absolut notwendig sei. "Musik", so der Künstler weiter, "hat durch ihre Kommerzialisierung einen Status erreicht, der sie auf die Stufe des Weißen Rauschens stelle. Dementsprechend sei eine entsprechende Gegenbewegung notwendig." Ziel sei es nicht, Musik abzuschaffen, sondern sich einmal vorzustellen, wie es wäre, wenn die Menschheit eines Tages plötzlich ohne Musik aufwachen würde? Diese Frage kann nun jeder, der offen ist für ein 24-Stunden-Experiment, für sich selbst beantworten.

Zum Start des "No Music Day" präsentierte der Brite seinen Fünfjahresplan, mit dem die Botschaft des No Music Day publik gemacht werden sollte. Dieser beinhaltete in den Jahren 2005 bis 2009 u.a. folgende Aktionen: 2005: Gründung des "No Music Day" und Start der offiziellen Website "nomusicday.com", auf der jeder seine eigenen Gedanken zu diesem Thema veröffentlichen kann. 2006: Der nichtkommerzielle Londoner Radiosender Resonance 104.4 FM verzichtete am 21. November 2006 ganztägig auf Musik in seinem Programm. 2007: Im Folgejahr verzichtete das BBC Radio Scotland am 21. November komplett auf die Ausstrahlung Musik. 2008 brachte den No Music Day und Drummond für diverse Aktionen nach Brasilien. 2009 fokussierte Drummond seine Aktivitäten auf das österreichische Linz, das in diesem Jahr zur Kulturhauptstadt Europas erklärt worden war

Mit Ablauf dieses Fünfjahresplans erklärte der britische Künstler seinen Anteil an der Schaffung dieses Aktionstages im Jahre 2010 für beendet und übergab ihn der Allgemeinheit. Somit ist jeder dazu eingeladen, den No Music Day am 21. November mit einer eigenen Aktion zu unterstützen. In diesem Sinne: Musik aus und diese wieder schätzen lernen.

Die britische Band The KLF sprühte stets vor provokanten Ideen.
Die britische Band The KLF sprühte stets vor provokanten Ideen. © PR

Warum gerade der 21. November?

Bei der Wahl des Datums berief sich Drummond auf die kulturübergreifende Tradition, dass am Vortag eines religiös geprägten Ereignisses häufig eine gegensätzliche Veranstaltung gefeiert wird. Ein solcher Bezug findet sich auch für den 21. November. Denn dies ist zugleich auch das Datum vor dem Namenstag der Heiligen Cäcilia am 22. November, ihres Zeichens christliche Schutzpatronin der Musik, den man in Deutschland u.a. auch als Tag der Hausmusik begeht. Und der bringt ja bekanntlich wieder unzählige Lieder in die vier Wände.

www.nomusicday.com