Besuch bei... Mandy Streit, Leiterin des Dresdner Panometer

Kultur im zweiten Lockdown – wie geht´s weiter? Augusto fragt Veranstalter und Künstler, wie sie mit der neuen Lage umgehen.

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Mandy Streit ist seit Anfang des Jahres für das Asisi-Panometer in Dresden verantwortlich. © DDV Mediengruppe

Alles auf Anfang, Kulturstätten zu, Veranstaltungen abgesagt, Stille auf den Bühnen und in den Sälen. Alles auf Anfang? Mitnichten. Die Lage ist eine andere als im März und April. Damals herrschte zumindest anfangs weitgehende Einigkeit unter Veranstaltern und Künstlern, dass das Opfer ein notwendiges ist. Das ist in diesem tristesten November aller Zeiten nicht mehr so. Augusto hat vor acht Monaten Gespräche mit 35 Veranstaltern und Künstlern geführt. Wir knüpfen daran an und fragen erneut nach dem Umgang mit dem Stillstand im Kulturbetrieb – und natürlich nach der Zukunft. Mitte November 2020: Mandy Streit vom Panometer Dresden.

Mit welchen Überraschungen dürfen Panometer-Freunde in der Vorweihnachtszeit noch rechnen?
Wie alle Kulturbetriebe, muss das Panometer Dresden als Ausstellungsbetrieb im November leider geschlossen bleiben. Noch ist ungewiss, ob wir im Dezember überhaupt wieder öffnen dürfen. Leider mache ich mir da keine allzu großen Hoffnungen, da die Infizierten-Zahlen aktuell noch nicht das gewünschte Ergebnis bringen. Das erschwert natürlich das Planen von möglichen Weihnachtsangeboten. Aber wenn wir öffnen dürfen, dann gibt es mit Sicherheit auch in unserem Café Stollen und Glühwein und für die Kinder warten jeden Tag kleine Süßigkeiten aus unserem Adventskalender.
 
Was macht Ihnen überhaupt noch Hoffnung im Moment?
Ohne die Hoffnung würden wohl sehr viele an dieser Krise zerbrechen. Die Unsicherheit und Unplanbarkeit ist sicher für alle betroffenen Betriebe das Schwierigste. Daher hoffe ich, dass das Panometer bald wieder öffnen kann und hoffentlich auch geöffnet bleibt. Aber wir nutzen die Schließzeit dennoch produktiv und haben zahlreiche Ideen für das kommende Jahr. Es bleibt einem nichts anderes übrig, als nach vorn zu schauen. Irgendwann ist auch diese Krise vorbei und dann freuen wir uns, wieder täglich Gäste im Panometer Dresden begrüßen zu können.
  
Was ist (in diesem Lockdown) anders als im Frühjahr?
Im März hat uns der Lockdown ziemlich kalt erwischt. Alles war neu und ungewiss. Keiner wusste, wie lange geht das? Was kommt danach? Wir mussten uns mit den Themen Kurzarbeit und Erarbeitung eines Hygienekonzepts für die Zukunft auseinandersetzen und alles neu denken und vor Ort Sicherheitsvorkehrungen aufrüsten. Uns trifft es natürlich auch jetzt, aber wir sind gut aufgestellt und vorbereitet, halten mit unserem Konzept Abstands- und Hygieneregeln ein, haben ein Einbahnstraßensystem, getrennte Ein- und Ausgänge. Wenn wir wieder öffnen, dann geht es sofort weiter wie bisher. Da sind wir jetzt eingespielt. Wir müssen nur die Türen öffnen.
 
Sind die Maßnahmen gerechtfertigt? Gibt es viel Frust?
Um Infektionsketten zu durchbrechen und so die weitere Verbreitung von COVID-19 zu stoppen, ist es natürlich notwendig, dass die Menschen ihre Kontakte reduzieren. So eine Entscheidung zu treffen, ist sicher nicht leicht. Aber natürlich gibt es auch Frust. Ob der richtige Weg das Schließen von Kultur- oder Gastrobetrieben ist, wage ich tatsächlich zu bezweifeln. Wir haben vor Ort alle notwendigen Maßnahmen ergriffen, die einen sicheren Besuch ermöglichen. Das haben alle Kulturbetriebe und Gastronomen gemacht. Auch deshalb kann ich die Reaktionen von Kulturschaffenden verstehen, die nicht zuletzt auch um ihre Existenz bangen müssen. Aber natürlich kann ich die Idee nachvollziehen, dass man die Anreize herunterfährt, um Kontakte zu verringern. Hoffen wir, dass es was bringt, denn auf Dauer wird dieses Konzept nicht funktionieren.
 
Inwieweit helfen die 75 Prozent Staatshilfe, wenn man sie denn bekommt?
Für viele Betriebe ist diese Hilfe unbedingt notwendig und tröstet etwas über die hoffentlich „kurzfristige“ Schließung hinweg. Auch wenn noch nicht ganz klar ist, wie die Konditionen wirklich geregelt sind. Da wir jedoch mit dem Panometer Dresden seit diesem Jahr konzernangebunden sind, kommen wir leider nicht in den Genuss von diesem Zuschuss.
 
Wie nutzt das Panometer die freigewordene Zeit?
Die meisten Mitarbeiter sind in Kurzarbeit und auf Abruf, wenn es wieder los geht. In der Zwischenzeit gibt es dennoch keinen Stillstand, wie renovieren unser Bürogebäude, erledigen kleinere Reparatur- und Instandhaltungsmaßnahmen und bereiten den Panoramawechsel im Januar sowie die damit verbundenen Aktionen vor.
 
Gibt es derzeit besondere Projekte/Ideen, die man in der Corona-Zeit umsetzen kann?
Es gibt immer viele Projekte du Ideen, die wir anschieben. Wir wollen versuchen uns ständig zu hinterfragen und Optimierungen einzuführen. Aber die Corona-Krise hat schon während der ersten Schließung z.B. zwei Projekte zumindest beschleunigt. Wir haben uns eine Personenführungsanlage angeschafft, mit der wir bei Führungen den Abstand zwischen den Gästen einhalten können und wir haben unseren Audioguide für DRESDEN 1945 auf den Weg gebracht. Dieser steht kostenfrei zur Verfügung und der Gast kann individuell seine Führung über Kopfhörer genießen. Das planen wir aktuell auch für die im Januar kommende Ausstellung DRESDEN IM BAROCK.
 
Wie schätzen Sie die Lage generell für Dresdner Einrichtungen dieser Art gerade ein?
In den Sommermonaten der Öffnung haben wir gemerkt, dass durchaus Interesse besteht, Museen und Ausstellungsbetriebe zu besuchen. Es ging im Juni/Juli langsam wieder los, aber der September und Oktober lief fast wieder auf Vorjahr. Das zeigt eigentlich nur, wie wichtig die Kultur für eine Gesellschaft ist. Die Lage für den Kulturbereich insgesamt ist jedoch sehr ernst, nicht nur hier in Dresden. Generell ist es eine sehr schwierige Zeit vor allem für die freischaffenden Künstler. Keiner weiß, wann sich die Lage entspannen wird und das kulturelle Leben wieder hochgefahren werden kann und vor allem in welcher Art und Weise. Besonders jetzt sind wir froh, dass wir mit der DDV Mediengruppe zu einer größeren Unternehmensgruppe gehören und deshalb wahrscheinlich nicht ganz den Boden unter den Füßen weggezogen bekommen.
 
Wie kann, aus momentaner Sicht, eine Zukunft des Tourismus unter Corona-Bedingungen aussehen?
Insgesamt hoffen wir ja alle darauf, dass der Impfstoff bald zugelassen wird und so nach und nach zum Alltag zurückgekehrt werden kann. Allerdings hat sich die Tourismusbranche, seien es Hotels, Reiseunternehmen, Museen und andere Kultureinrichtungen, auch während der Öffnung bis Ende Oktober stets um die Einhaltung der genehmigten Hygienekonzepte bemüht. Auch das RKI sagt, dass sich die meisten Menschen in ihrem privaten Umfeld infizieren. Momentan ist der Tourismus praktisch nicht möglich. Wenn die Maßnahmen wieder gelockert werden, wird die gesamte Branche wieder an ihren bereits bestehenden Hygienekonzepten festhalten und so weiterhin verantwortungsbewusst handeln. Aber am Ende bleibt einfach das Wichtigste, an die Eigenverantwortung der Gäste zu appellieren. Wenn sich alle an die Vorgaben von öffentlichen Einrichtungen halten, kann man die Ansteckung reduzieren.

Was erhoffen Sie sich von 2021?
Am liebsten wäre mir natürlich, dass alles wieder zur Normalität zurückkehrt, das Panometer geöffnet ist, Einheimische und Touristen kommen und wir auch Veranstaltungen im Panometer anbieten können. Wir hatten für den November die Veranstaltungsreihe „Dresdner Schicksale“ geplant u.a. mit Zeitzeugenerfahrungen um die Erlebnisse von 1945 – die können wir hoffentlich im Februar nachholen. Denn das Thema ist und bleibt wichtig und muss Gehör erhalten. Gerade jetzt merken wir wieder, wie eine Krise die Gesellschaft spaltet.
Ende Januar wechseln wir zudem wieder auf das 360°-Panorama DRESDEN IM BAROCK und die dazugehörige Begleitausstellung. Bis dahin arbeiten wir fleißig an unserem barocken Audioguide, einer Zusatzausstellung sowie einer großen Sonderbeilage in der Sächsischen Zeitung. Es wäre schön, wenn sich die Lage bis dahin ein wenig entspannt, so dass wir nicht ständig Angst haben müssen, wieder zu schließen. Außerdem gibt es die Hoffnung auf einen Impfstoff, deshalb hoffe ich, dass 2021 besser läuft als 2020.

Gespräch: Tom Vörös

Alle aktuellen Interviews dieser Reihe finden Sie hier:

Besuch bei...Veranstaltern und Künstlern im zweiten Lockdown

Vor acht Monaten im ersten Lockdown sprachen wir schon einmal mit Mandy Streit. Hier das damalige Interview:

Anruf bei... Mandy Streit am 4. April 2020

Damals sprachen wir mit noch vielen weiteren Veranstaltern und Künstlern. Hier die komplette Reihe:

Anruf bei Veranstaltern, Künstlern und Gastronomen in der Corona-Krise